Durch gewesene Deutsche Dörfer des Banats(71)

Deutsch - Stamora

 

Deutsch-Stamora (amtlich: Stamora germana; ungarisch: Alsosztamora oder Nemetsztamora) war seit dem vorigen Jahrhundert bis zu Ceausescus

territorial-administrativer Umstrukturierung des Landes im Jahre 1968 der

Sitz einer Gemeinde. Heute ist die Ortschaft neben Deschan(-dorf) (amtlich:

Dejan; ungarisch: Dezsanfalva) und Gaiu Mic ein Dorf, das zur Gemeinde

Morawitz gehört. Laut Karl Kraushaar ist Deutsch-Stamora 1789 angesiedelt

worden. Gheorghe Drivovan  gibt aber 1802 als das Jahr an, in dem diese

Ortschaft dokumentarisch belegt worden sei. Das Kirchenmartikelbuch ist

1806 eingeführt worden, als Deutsch-Stamora und Deschan(-dorf) noch zur Morawitzer Pfarrei gehörten. Eine selbstständige Pfarrei wurde hier erst 1811

eingerichtet. Im Jahre 1910 lebten 1.289 Deutsche im einstigen Schwabendorf und stellten so einen Bevölkerungsanteil von über 89 Prozent. Zwanzig Jahre später stieg dieser Anteil zwar auf fast 93 Prozent, aber zahlenmäßig gab es hier nur noch 1.126 deutsche Dorfbewohner.

Für das Jahr 1940 geben die verwendeten Quellen verschiedene Zahlen an. Während DR. Anton Scherer die Zahl der Deutschen auf 984 Personen beziffert, schätzt man diese Zahl im zweiten Band der Bücherreihe

"Das Banat und die Banater Schwaben" auf 1.235 Personen.

Nach dem 2. Weltkrieg begann auch in Deutsch-Stamora der unaufhaltsame Schwund der deutschen Bevölkerung.

Bei der Volkszählung von 1977 gab es im einstigen rein deutschen

Schwabendorf bei insgesamt 959 Einwohnern nur noch 449 Deutsche.

Damit stellten sie einen Bevölkerungsanteil von kaum 47 Prozent, während

der Anteil der Rumänen bei etwa 38 Prozent lag. Im Januar 1992 konnte

man aber schon das Ende des Deutschtums in Deutsch-Stamora feststellen.

Von den 913 Einwohnern des Dorfes bekannten sich 85 Personen zum

Deutschtum; den Rest bildeten 695 Rumänen (76% !), 67 Ungarn,

43 Zigeuner, 15 Serben und 8 Sonstige. Schließlich lebten im Februar 1996

in Deutsch-Stamora nur noch 31 Personen deutscher Volkszugehörigkeit.

Da kann man sich ruhig die Frage stellen: Wie lange wird das einstige

Schwabendorf amtlich noch "Stamora-germana" heißen ? Da es aber ein

Rumänisch-Stamora (Stamora Romana) schon gibt, könnte man bald das

ungarische "Alsosztamora" in "Stamora de Jos" übersetzen.

Auch im Nachbardorf Deschan (-dorf) lebten 1910 64 Deutsche, die einen

Bevölkerungsanteil von 6,6 Prozent stellten. 1940 wurden hier auch nur wenige Deutsche registriert, und zwar 85 Personen. Laut Volkszählung von

1992 haben sich hier nur noch 2 Personen zum Deutschtum bekannt.

Im Frühjahr 1994, als der Jurnalist Valentin Samanta, ein großer Liebhaber

der banater Landschaft und ein damaliger Chronist des Verfalls der einstigen deutschen Dörfer, für einige Stunden auch in Deutsch-Stamora weilte,

schrieb er eine kurze Reportage über das einstige Schwabendorf.

Darin schilderte er aber nicht die Vergangenheit des Dorfes, sondern die

Gegenwart. Nach der Lektüre des Zeitungsartikels könne man meinen,

daß auf dem einstig reichen landwirtschaftlichen Boden des Dorfes die

Zustände aus der Zeit vor der deutschen Kolonisation wieder restauriert werden. Es kommt dem Leser vor, als wäre das Leben des Dorfes von der...

Schafzucht geprägt. Zahlreiche Schäfer, umgeben von etwa 30 Hunden,

weilten damals auf den Feldern der Farm Nr. 5 des staatlichen Landwirtschaftsbetriebes, während ihre un die von ihnen betreuten 2.000

Schafe auf den Äckern aus der Umgebung weideten.

Sie richteten sich hier hauptsächlich darum ein, weil sie da rund um die

Uhr über eine kostenlose Wärmequelle verfügten. 1979 als man hier einen Brunnen bohrte, zündete ein Arbeiter eine Zigarette an, wodurch das aus

dem Loch strömende, aber nicht wahrgenommene Erdgas explosionsartig

Feuer fing. Seitdem brannte das Feuer nutzlos, ohne das jemandem

eingefallen wäre, das Erdgas eizufanngen.

In den ersten drei Monaten des Jahres 1997 berichtete die Temeschburger

Tageszeitung "Renasterea banateana" sogar viermal aus dem heutigen

"Deutsch-Stamora", aber über die einstige deutsche Mehrheitsbevölkerung

will man nichts mehr wissen. Nur einmal berichtete man in 17 Zeilen, daß

sich die von hier ausgewanderten Deutschen im Heimatort eine Pension

einrichten möchten, wo die Besucher der "alten Heimat" übernachten

könnten. Der Morawitzer Bürgermeister Stefan Tatoane soll sofort versichert

haben, daß er diese Initiative unterstützt, jetzt stellt er aber finanzielle Bedingungen und will deswegen mit einem Verantwortlichen der Initiatoren

verhandeln. Dazu äußerte der Ortsvorsteher, als vertreter der

neokommunistischen Iliescu-Partei PDSR seine Hoffnung, daß seine Gemeinde bald auch von bundesdeutschen Touristen besucht wird, die die

Heimat ihrer "banater Freunde" kennenlernen wollen.

Was ist aber von den Banater Schwaben in Deutsch-Stamora noch

übriggeblieben, das wertvoll ist, damit man hier nach einer langen Reise

von etwa 1.000 km einige Urlaubstage unter unzumutbaren Bedingungen, verbringt?  Kaum  sehenswert ist nur ein Museum für Ethnographie und

Dorfgeschichte, das die Allgemeinschule des Dorfes eingerichtet hatte.

Die Schuldirektorin, Ing. Elena Tatoane, betrachtet ihr Museum als einen

"wunderbaren Ort der Kultur und Zivilisation", aber ob dies auch stimmt,

kann aus einer Reportage vom 30. Januar d. J. nicht ersehen werden.

Der Journalist P. N. Dolanga berichtet darin über Zeugen der römischen

Zivilisation auf dem Gebiet des Banats, über landwirtschaftliche Werkzeuge

aus der "Banater Puszta", viele davon in Wien, Budapest oder Belgrad 

hergestellt worden sein. Er verliert aber kein einziges Wort über die einstige

deutsche Bevölkerung aus Deutsch-Stamora. Wenn die deutsche

Kolonisation Deutsch-Stamoras im Museum so vertreten ist, wie sie von

diesem Reporter der nationalistisch orientierten Zeitung "Renasterea banateana" vorgestellt wird, dann haben wir Banater Schwaben, aber auch

unsere "bundesdeutsche Freunde" in Deutsch-Stamora und besonders im Museum kaum noch etwas zu suchen. Und wenn  wir dazu noch "dank des

Lehrers für rumänische Sprache und Literatur" nur noch rumänische

Publikationen (die mit Deutsch-Stamora gar nichts am Hut haben)  zur

Besichtigung vorgelegt bekommen, dann kann sich jeder deutsche Tourist

die Strapazen des 1.000 km langen Wegs ruhig ersparen. Nicht einmal das

eigenhändige Manuskript des rumänischen Wissenschaftlers und Politikers

Nicolae Iorga können in diesem Fall ein Anlaß für einen Besuch in

Deutsch-Stamora sein. Nur diejenigen, die einmal hier beheimatet waren, können noch den Wunsch haben, ihren Heimatort zu besuchen.

Sehenswert ist aber nur der Friehof, die Dorfkirche und das Haus, das vor Jahren ihr Eigen war.

                                                       Oktober 1997, Anton Zollner